Gute Frage. Ich hatte sie mir nie gestellt. Eine Protagonistin ist automatisch die Heldin und umgekehrt. Ganz einfach. Dann tauchte Elli auf und mit ihr diese Frage. Ist sie nur dann eine Heldin, wenn sie einen Räuber verprügelt?
«Ich, eine Heldin? Bin ich James Bond oder was?», sagte sie und bringt es wie immer auf den Punkt.
Nein, ist sie nicht. Wie das Ex-Bondgirl Gemma Arterton in einem Interview sagte: „Ist ein weiblicher James Bond nicht wie Mary Poppins, die von einem Mann gespielt wird?“
Die unverwirklichte James Bond-Frau in mir stellt sich auf die High-Heels. Es gibt durchaus Frauen, die mit einer Waffe umzugehen wissen. Und gleichzeitig Charme versprühen. Das ist nicht den James’ dieser Welt allein reserviert. Aber wir weichen vom Thema ab. Muss sie also eine Serienkillerin mit Lizenz sein, um meine Heldin zu sein?
Ich habe lange darüber nachgedacht. Sie sollte schon mehr sein, als eine Büroangestellte, die auf die Pensionierung wartet. Sie braucht aber kein Robin Hood zu sein. Irgendwas dazwischen wäre gut. Etwas mit einem schweizerischen Hauch. Eine Art moderne Wilhelmina mit einer Walliser Aprikose und einem Laserstrahler?
Elli hat nämlich das Zeug zur Heldin, obwohl sie keine Leben rettet, wie ihr bester Freund Roli. Sie hat so viele Facetten, dass selbst ihre Autorin sie nicht alle erfassen kann. Sie ist die taffe Frau, die einem Räuber hinterherrennt. Und ihn erwischt. Gleichzeitig ist sie die Träumerin, die jeden Tag Bilder von Cafés an einem Strand betrachtet und nicht glaubt, dass ihr Traum je wahr wird. Sie ist das Mädchen, das Kickboxen gelernt hat, um nie mehr schwach zu sein und trotzdem schwach wird. Sie ist ein Herz, das sich Liebe wünscht – obwohl es sich mit allen Mitteln dagegen wehrt. Sie ist ein Mensch wie du und ich.
Sie kämpft für das, was ihr wichtig ist. Für die Menschen, die sie liebt. Für ihren Traum. Sie bleibt nie stehen. Manchmal stolpert sie, und wenn sie stolpert, dann rappelt sie sich auf und geht hoch erhobenen Kopfes weiter. «Ich bin eben ein Stehauf-Frauchen», würde sie euch achselzuckend sagen. Ein Glücksfall für mich, denn wer würde die Geschichte einer Heldin lesen, die nicht mehr aufstehen will?
Doch meine Heldin ist sie nicht zuletzt, weil sie in meinem Kopf Fragen aufwirft. Ich mich auf eine merkwürdige Weise mit ihr identifizieren kann, obwohl sie in einer von mir erfundenen Welt lebt und ich in der richtigen. Wobei mir heutzutage die erfundene manchmal richtiger vorkommt, als die richtige. Denn die Fragen sind mehr als echt.
Wie werde ich die Frau, die ich sein will? Wie komme ich raus aus dem, was mich festhält? Wie lasse ich Altes los, ohne mir das Genick zu brechen?
Ich habe nicht auf alle Fragen eine Antwort. Aber ich weiß eines: Elli hat mich gelehrt, dass eine Heldin nicht perfekt sein muss. Sie muss nur bereit sein, ihren Weg zu gehen. Und genau das macht sie zu meiner und vielleicht auch eurer Heldin.
