Juhu! Ich habe eine Hauptfigur, Elli. Und das Ereignis, das den Stein, oder meine Geschichte, ins Rollen bringen wird, habe ich auch.
Dann kommt der Stein zum Stocken. Elli schwebt im luftleeren Raum und das ist nicht der beste Handlungsort. Also fängt meine Denkmaschine an zu rattern. Handlungsort gesucht!
Ich könnte natürlich wieder eine höhere Intelligenz als meine bemühen und KI nach einem tollen Handlungsort fragen. New York gefällig? Die Antarktis? Der Schrebergarten der Nachbarn?
Wieder einmal konsultiere ich meine Schreibratgeber, die zugegebenermaßen ein stiefmütterliches Dasein auf dem Regal fristen. Sie sind sich einig: Schreibe über das, was du kennst.
Es ist nicht so, dass ich meine Zeit ausschließlich in den eigenen vier Wänden verbringen würde. Doch ob die Stippvisite in New York vor 30 Jahren genügt, wage ich zu bezweifeln. Und in der Antarktis fehlt die Shoppingmeile für mein auslösendes Ereignis.
Der Schrebergarten? Widerstand regt sich in mir. Schon bei Katharinas Geschichte musste ich mich mit dem langweiligen Einfamilienhaus in Basels Agglomeration und der Arbeit in Basels Altstadt zufriedengeben. Ich versetze mich kurz in meine Leseratten-Persönlichkeit. Exotisch bitte! Lappland zum Beispiel. Alaska. Der Wilde Westen.
Stopp. Die Autorin in mir weiß: Für die Stimmung, die Atmosphäre solltest du den Handlungsort am besten selber beschnuppern. Erfahren, wie es dort riecht und klingt. Ob die Umgebung grün oder grau ist. Ob ich abends dort ohne Polizeischutz mit dem Hund Gassi gehen kann.
Ich ergebe mich der Stimme der Vernunft. Also doch Basels Altstadt.
Die Leseratte rümpft die Nase. «Nicht schon wieder.» Die Autorin verteidigt sich. Es gibt Sylt-Romane, Berg-Romane, Zürichsee-Romane. Warum bitte also nicht auch Basels-Altstadt-Romane?
Vor dem unbeugsamen Schweigen meiner Leseratte gebe ich nach. Schließlich will ich meine Zielgruppe nicht langweilen. Wir schließen einen echt schweizerischen Kompromiss. Basels Altstadt wird uns erhalten bleiben. Und wir werden uns in Stadtviertel wagen, die ganz und gar nicht zu Basels Altstadt passen. Wo die Menschen nicht in Anzug und Krawatte rumlaufen. Wo sich die Kellnerin und Kickboxerin Elli zuhause fühlt. Wo man in gewissen Straßenzügen sein Fahrrad am besten mit in die Wohnung nimmt.
Und endlich rollt der Stein.