Ich habe über die erste Idee, Protagonisten und Antagonisten und über Konflikte geschrieben. Aber wie bin ich denn zum Schreiben gekommen? Gute Frage! Andere brennen fürs Eiskunstlaufen, für Buchhaltung oder Medizin. Ihr Garten ist ihr Ein und Alles oder ihre Familie. Bei mir …
Am Anfang war die leere Seite – wie der Ruf der Wildnis, das Magnet für meine Nadel, beziehungsweise meine Buntstifte. Doch schon beim ersten Strichmännchen wurde klar, dass der Weg zur berühmten Malerin steinig sein würde. Eher so wie Amundsens Reise zum Südpol. So traf mich früh die Erkenntnis: Ich werde kein Picasso, auch wenn meine schrägen Linien ein gewisses Naturtalent in Richtung Kubismus andeuteten. So kristallisierte es sich heraus, dass ich keine Wahl hatte: Ich musste die Bilder in meinem Kopf beschreiben. Mit Untertiteln zum Beispiel, wenn die Eltern die Prinzessin und ihre Katze nicht auf Anhieb erkannten. «Es war einmal eine Prinzessin …» steht heute noch in krakeliger Schrift unter dem Strichfrauchen – ohne nähere Erklärung, warum der Prinz in eine Katze statt in einen Frosch verwandelt worden war. Diesen Hang zum offenen Ende habe ich inzwischen zum Glück meiner Leserinnen abgelegt.
Hätte ich damals gewusst, worauf ich mich einlasse, hätte ich mir im Zeichenunterricht vielleicht doch mehr Mühe gegeben. Der Weg war holprig. Gedichte im Schulheft. Liebesgeschichten auf kariertem Papier. Eine unvollendete und eigenwillige Version der Sisi-Geschichte. Die Erkenntnis, dass noch keine Meisterin vom Himmel gefallen ist. Ich habe also Kurse besucht. Grammatik. Kurzgeschichten. Bücher gelesen wie „Handwerk Schreiben“ oder „Mein Roman in 90 Tagen“. Man darf ja träumen, nicht?
Nach über 1’460 Tagen schreiben, zweifeln, überarbeiten und nochmals schreiben bin ich drauf und dran, meinen ersten Roman „Der englische Brief“ zu veröffentlichen – und er wird nicht der letzte sein. Schreiben ist mein persönlicher Südpol, mein Abenteuer. Und was ich damit bewirken will, werdet Ihr noch erfahren.
