Meine Heldin heisst Katharina. Ein umständlicher, etwas altmodischer Name. Ich habe versucht, ihn zu ändern, aber er blieb an der Figur hängen wie ihr Schatten. Dann halt. Sie hört auch auf Kati und, wenn es sein muss, auch auf Kathrinchen. Wenn es nach mir ginge, dann müsste sie sich bei diesem Spitznamen die Ohren zuhalten.
Aber das Unglaubliche an einer Figur ist, dass es nach ihr geht und nicht nach mir. Sie entscheidet, ob sie Anwältin oder Krankenschwester ist. Sie sagt mir, ob sie Fisch mag oder nicht. Ob sie diesen Mann liebt oder einen anderen oder gar keinen.
Katharina bringt meine sorgfältig erstellte Figurenbeschreibung durcheinander. Ich gab ihr braune Augen? Nein, sie will grüne haben. Ich wollte sie sportlich? Sie hat keine Lust auf Sport. Ich schaffe es gerade noch, sie in die wöchentliche Zumba-Stunde zu schicken.
Es ist zum Verzweifeln. Am einen Tag steht sie fast leibhaftig vor mir. Ich rieche den Zitrusduft ihres Parfums. Ich ziehe ihr den dunklen Zweiteiler an, den sie in der Kanzlei trägt. Am anderen Tag ist sie wie eine Wolke am Sommerhimmel. Leicht, unbeständig und kaum zu greifen.
Ich werde ganz viel Zeit haben, sie kennenzulernen.
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